Krippe

Die nun folgende Beschreibung der Organisation, Struktur und gelebten pädagogischen Umsetzung im Krippenbereich beruht auf jahrelanger Erfahrung und kontinuierlicher Weiterentwicklung unserer Pädagogik, angelehnt an die Arbeit von Dr. Emmi Pikler. Diese ist gekennzeichnet durch ein stetiges Optimieren unserer Möglichkeiten, gemessen an den Bedürfnissen und Realitäten der Kinder, basierend auf einer gemeinsamen Haltung als pädagogisches Team. Auf dieser Grundlage ist ein System entstanden, das als Stufenfolge  – über Altersleiter – aufeinander aufgebaut ist. Hierin werden die Wirkungs-, Entfaltungs- und Anforderungs-bereiche der Kinder zunehmend erweitert.

Flyer der Kinderkrippe (PDF).
Flyer des Regenbogenlandes und der Riesenwiese (PDF).

Zwergenwald

Kita-Logo_Vielfalt-Muster_blau01Der Säugling beginnt seine Krippenzeit im Zwergenwald. Hier werden 15 Kinder im Alter von 8 Wochen bis zu circa 12 Monaten in zwei Gruppenräumen betreut und nach dem „Berliner Eingewöhnungsmodell“ eingewöhnt. Der Zwergenwald ist eine „Oase“, die den Kindern Ruhe, Zeit, Zuwendung, Geborgenheit, Wärme, Selbsterkundung und Körperkontakt spendet.  Ein entscheidender Faktor innerhalb des Zwergenwaldes ist der Tagesablauf, der ganz individuell auf jedes einzelne Kind abgestimmt ist. Nach dem jeweiligen Rhythmus des Kindes finden Essens-, Schlafens- und Spielzeiten statt.

Damit die Kinder genügend frische Luft bekommen und sich ihr Immunsystem stärkt, schlafen alle Kinder bei jedem Wetter im Freien vor den Fensterscheiben der Gruppenräume. Durch Regen-, Wind- und Sonnenschutz und mollig warmen Schlafsäcke, mit wahlweise erhitztem Kirschkernkissen im Winter, können die Kinder jeden Tag behütet in den Schlaf finden. Dabei lernen sie durch die Umgebungsgeräusche und die Nähe zu den anderen Kindern, Geräusche zu akzeptieren und unempfindlicher darauf zu reagieren, um einen intensiven Schlaf genießen zu können. Die Kinder werden bei uns nicht geweckt, da sie ihren Schlaf brauchen und den Alltag unausgeruht nicht gut bewältigen können.

Innerhalb der Essens- und Pflegesituationen wird das Kind intensiv als aktiver Kooperationspartner gesehen. Das heißt, der Erzieher geht auf die Bedürfnisse und Bewegungsmöglichkeiten des Kindes ein und macht sie zum Ausgangspunkt seiner pädagogischen Arbeit. Bedeutend für uns ist, dass das Kind innerhalb seiner Bewegung und demnach seiner Entwicklung immer sein eigener Akteur bleibt. Das bedeutet konkret für uns und unsere Arbeit, dass wir kein Kind von uns abhängig machen, indem wir es beispielsweise Setzen oder Stellen, wenn es dies nicht bereits selbst sicher erlernt hat. Wir nehmen dem Kind also keine Kita-Logo_Vielfalt-Muster_blau04Entwicklungsschritte vorweg, sondern geben ihm die Möglichkeiten, es selbst zu probieren. Die Erfahrungswerte zeigen uns, dass das Kind sich durch eigens erlernte Entwicklungsschritte als selbstwirksames und selbstbestimmendes Wesen wahrnimmt und somit das Selbstbewusstsein gestärkt wird. Dadurch findet es nicht nur eigenständig den Weg auf die Matratze, das Kletterpodest, die Hochebene und die Rutsche sondern auch in den Sitz oder Stand und weiß sich auch wieder selbst aus diesen Bewegungen hinauszubringen. Darüber hinaus wird auch bei „Missgeschicken/Misserfolgen“ die Frustrationstoleranz und die Gefahreneinschätzung erlernt und geschult.

Bei der Pflegesituation besteht die Möglichkeit das Kind im Stehen oder Liegen, in der Rücken- oder Bauchlage auf der erhöhten Wickelkommode zu wickeln. Zudem kann das Kind sich je nach Entwicklungsstand und Bedürfnis an der Pflege selbständig  beteiligen und entscheiden – lesen Sie dazu auch unser Kapitel über Partizpation.

Bei der Essenssituation wird das Kind immer mehr von der geschützten Einzelbetreuung auf dem Schoß zum selbständigen Essen am Tisch in Kleingruppen, sowie dem Trinken aus der Flasche oder Glässchennahrung zu stückigem Essen hingeführt. Durch die Zeit und die intensive Zuwendung, die wir den Kindern in den Pflege- und Essenssituationen schenken, werden sie „satt an Beziehung“, um dann zufrieden und ausgeglichen wieder in ihr eigenes, selbständiges Spiel finden zu können.

In den beschriebenen Situationen begleiten wir alle Handlungen sprachlich. Gerade das Verbalisieren aller Tätigkeiten und Gefühle legt den Grundstein zum Spracherwerb des Kindes, da in den ersten 14 Lebensmonaten, durch den Klang von Gesprochenem, die Sprachmelodie und ihre Regeln verinnerlicht werden. Besonders in dieser sensiblen Phase kann das Kind unseren Sprachrhythmus mit Leichtigkeit aufnehmen. Die Raumgestaltung erschließt sich an der Entwicklung der Kinder. Neben unterschiedlichen Höhenebenen gibt es je nach Entwicklung variierbare Bewegungs- und Spielelemente. Um eine Reizüberflutung zu vermeiden, werden die Spielangebote immer wieder nach den Interessen ausgewählt und auch reduziert.

Zwergenwald
Zwergenwald
Zwergenwald
Zwergenwald

 

 

 

 

 

 

 

 

Räuberhöhle

Kita-Logo_Vielfalt-Muster_rot04In der Räuberhöhle sind 15 Kinder im Alter von circa 12 Monaten bis zu circa eineinhalb Jahren. Der Tagesablauf orientiert sich nun nicht mehr nur individuell am Rhythmus des einzelnen Kindes, sondern es gibt einen ersten gemeinsamen Tagesablauf. Für die unterschiedlichen Schlaf-, Spiel-, Pflege- und Essenssituationen sind feste Zeiten eingeplant, die allerdings je nach Alter noch leicht variierbar sind. Die Raumgestaltung passt sich auch hier wieder den neuen Fähigkeiten und Bedürfnissen der Kinder an, sodass die beiden Räume der Räuberhöhle mit einer "kleinen Bewegungsbaustelle" gleichzusetzen sind. Durch größere Hochebenen ist den Kindern eine deutliche Erweiterung der Bewegungsmöglichkeiten geboten. Das Spiel der Kinder ist in der Gruppe nicht an Regeln gebunden, sondern findet situationsorientiert statt.

In der Pflege- und Essenssituation der Räuberhöhle spiegelt sich ganz deutlich die Erweiterung der Selbständigkeit der Kinder dar. Das Essen wird beispielsweise gemeinsam in Kleingruppen am Tisch in einer ruhigen Atmosphäre eingenommen. Die Kinder essen vermehrt selbständig und benötigen nur vereinzelt die Hilfestellung des Erziehers. Die Pflege findet hier nicht mehr – wie im Zwergenwald – auf einer erhöhten Wickelkommode statt, sondern je nach Entwicklungsstand auf einem niedrigen Podest oder im eigenen Kinderbad auf dem Boden. Dorthin gelangen die Kinder ohne Hilfe und erhalten die ungeteilte Aufmerksamkeit des Erziehers. Diese dient ihnen als Antrieb zur Entwicklung ihrer Selbständigkeit, ganz nach unserem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun!" Das Kind entdeckt sich als Individuum und nimmt immer mehr bewussten Kontakt zu anderen auf, wodurch Interaktionen entstehen. Dieser Prozess fördert nicht nur die Selbst- sondern auch die Sozialkompetenz eines Kindes. Selbstverständlich werden auch in der Räuberhöhle alle Handlungen verbalisiert, sodass das Kind anhand der sprachlichen Begleitung täglich neue Begriffe, deren Einsatz und Gebrauch lernt.

Kita-Logo_Vielfalt-Muster_rot06Nach dem gemeinsamen Mittagessen finden die Kinder im eigenen Schlafraum bei leiser Einschlafmusik auf einer Matratze oder in einem Kuschelkörbchen in ihren erholsamen Schlaf.  Im Gegensatz zum Zwergenwald, findet dieser nur noch einmal täglich und gemeinsam statt. Es gilt aber auch hier, dass keine Kinder geweckt werden. Sind die Kinder ausgeschlafen und ausgeruht, können sie eigenständig in den Gruppenraum zurückkehren.

Das eigene angrenzende Außengelände lädt durch unterschiedliche Bewegungs- und Spielangebote wie Rutsche, Sandkasten, Holzeisenbahn sowie ausreichend Grünfläche zum täglichen Spielen ein. Bei Wind und Wetter gehen die Kinder der Räuberhöhle – wetterentsprechend gekleidet – am Vormittag und Nachmittag raus, weshalb die Kinder in dieser Gruppe nicht mehr draußen schlafen. Da das Gelände lediglich für die Krippenkinder konzipiert ist, können sie dort frei nach ihren Interessen und Fähigkeiten erkunden, experimentieren und entdecken.

Räuberhöhle
Räuberhöhle
Räuberhöhle
Räuberhöhle

 

 

 

 

 

 

 

 

Riesenwiese

Nach der Räuberhöhlenzeit wechseln in der Regel zehn Räuberhöhlenkinder in die letzte Krippengruppe vor dem Eintritt in den Kindergarten – die Riesenwiese. Die Kontaktaufnahme bzw. das Schnuppern findet wie nachfolgend beschrieben, meist vor den Ferien und mit einer bekannten BezugserzieherIn statt, die möglichst gemeinsam mit den Kindern in die Gruppe wechselt. Als Pendant zur Krippenerzieherin stößt nach Möglichkeit eine Kollegin aus dem Zweijährigenbereich des Kindergartens hinzu, wodurch eine gute Basis für die Kinder für ihren bevorstehenden Übergang in den Kindergarten geschaffen wird. In der Gruppe herrscht eine geringere Altersspanne von 1 ½ - 2 Jahren bei 10 Plätzen. Die Altersspanne ist auf den Entwicklungsstand der Kinder zurückzuführen. Sie haben in der Räuberhöhle den Schritt zur Entwicklung der Selbständigkeit gemacht und sind nun bereit für die nächsten Herausforderungen vor dem Kindergarten.

Kita-Logo_Vielfalt-Muster_Gelb06Die Riesenwiesengruppe versteht sich als eine Art „Sprungbrettgruppe“ mit dem pädagogischen Fenster zum Kindergarten. Anhand des aktuellen Entwicklungsstandes der Kinder ist der Tagesablauf innerhalb der Gruppe dem der jüngeren Kindergartenkinder angepasst, sodass sich im täglichen Ablauf feste Berührungspunkte ergeben. Den Kindern steht ein eigener Gruppenraum als Spiel- und Essensraum, sowie als Rückzugsort zur Verfügung. Dieser steht in der Raumgestaltung vermehrt als Bewegungsbaustelle zum Konstruieren bereit.  Das Außengelände, Schlafraum, Flur und Bad teilen sie sich mit den zwei- bis dreijährigen Kindergartenkindern. Diese geringere räumliche Distanz ist der Aspekt des „pädagogischen Fensters“. Er stellt einen wichtigen Schritt zum späteren Übergang zum Kindergartenkind-Werden dar. Die Kinder gewöhnen sich dadurch nicht nur Schritt für Schritt an das bunte Treiben im Kindergarten, sondern können auch durch Beobachten der „Älteren“ lernen – Lernen über Vorbilder. Des Weiteren lernen sie auch in Kooperation miteinander. Sie nehmen auf ihrem individuellen Entwicklungsniveau an den täglichen Situationen teil, bringen ihre Kita-Logo_Vielfalt-Muster_Gelb05vorhandenen Kompetenzen ein und können daraus Neues erschließen. Die Kinder besitzen in dieser Altersspanne ein großes Grundbedürfnis nach Kompetenz („Ich kann…“). Sie haben demnach ein enormes Bedürfnis nach Selbständigkeit, Selbstwirksamkeit und Artikulation. Neben den täglichen Anforderungen (z.B. eigenständiges An- und Ausziehen) werden den Kindern immer wieder neue Herausforderungen ermöglicht, um ihre Kompetenzen zu stärken.

Riesenwiese
Riesenwiese

Übergänge

Meist finden die Wechsel mit Beginn des neuen Kindergartenjahres nach den Sommerferien in einer größeren und geschlossenen Gruppe statt. Allerdings ist es auch möglich, dass Kinder –  anhand der Altersleiter –  aufgrund ihrer fortgeschrittenen Entwicklung bereits während des laufenden Jahres einen Wechsel in eine neue Gruppe durchlaufen. Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich ausreichend Kapazität (anhand von Abmeldungen, Umzüge etc.) in der nachfolgenden Gruppe. Den Übergang begleitet eine Bezugsperson der aktuellen Gruppe, die zusammen mit dem Kind oder der Gruppe in ausreichend zeitlichem Abstand zum Wechsel in die neue Gruppe schnuppern geht. Hierbei werden anhand von sich zeitlich steigernden Aufenthalten in der Gruppe die „neuen“ Räume, Kinder und Erzieher „erschnuppKita-Logo_Vielfalt-Muster_Bunt01ert“. Somit kann das Kind nach und nach alles in seinem eigenem Tempo erkunden und hat seine Bindungsperson bei diesem bedeutenden Schritt an seiner Seite. Ziel ist es dabei, neue Bindungen aufzubauen und einen sensiblen Übergang für das Kind zu gestalten.

Bei dem Übergang der Zweijährigen von der Krippe ins Regenbogenland findet eine schriftliche Abmeldung aus der Krippe, sowie eine Anmeldung in den Kindergarten statt. Hierbei gestaltet sich der Wechsel etwas differenzierter, vor allem für die Kinder, die direkt aus der Räuberhöhle ins Regenbogenland wechseln. Nicht jedes Kind findet seinen Weg über die Riesenwiese – als Sprungbrettgruppe – in den Kindergarten. Die Räuberhöhlenkinder werden wie zu Beginn der Krippeneingewöhnung zum sanften Einstieg im neuen Bereich durch eine Bezugsperson (z.B. Eltern, Großeltern, o.ä.) begleitet und eingewöhnt– angelehnt an das Berliner Eingewöhnungsmodell. Hierdurch verkürzt sich die anfängliche Aufenthaltszeit auf wenige Stunden am Vormittag. Im Laufe der Eingewöhnungszeit wird diese jedoch nach und nach verlängert, natürlich mit dem ständigen Blick auf die Bedürfnisse der Kinder.